Wir feiern Goethe
„Geheimrat Goethe – ist der eigentlich noch relevant?“ fragte das „Freie Wort“ am 28. August 2024, dem 275. Geburtstag des deutschen Nationaldichters. Zwar wurde der Tag in Weimar, dem Hauptwirkungsort Goethes, wie immer feierlich begangen, z. B. mit Workshops, einem Live-Podcast und süßem Kartoffelkuchen. Dennoch lässt sich feststellen, dass das Interesse am Dichterfürsten nachlässt, so steht z.B. der „Faust“ nicht mehr als Pflichtlektüre in den Lehrplänen mancher Bundesländer und auch in den Theatern wird er nicht mehr so oft aufgeführt. Wie also umgehen mit den unvergänglichen Werken? Denn das steht weiterhin außer Frage. Suchen wir uns doch einen anderen als den klassischen Unterrichtszugang, holen wir Goethe ins Hier und Jetzt, interpretieren wir ihn modern!
Genau das haben die Schüler verschiedener Klassenstufen unserer Schule in den letzten Wochen getan. Während sich die Klassenstufe 7 (lehrplangerecht) mit seinen Balladen beschäftigte, lag der Schwerpunkt in den 9. und 10. Klassen auf der spannenden und vielseitigen Biografie. So wurde seine Freundschaft mit Schiller in einer (fiktiven) Instagram-Story und einem Chatverlauf zu „Maria Stuart“ thematisiert, sein Kleidungsstil wurde unter die Lupe genommen und ins Heute geholt, es wurden verschiedene Unterrichtsmaterialien für die unteren Klassenstufen, z. B. ein Quiz und ein thematisches UNO-Spiel erstellt. Andere Schüler gestalteten seine Biografie als YouTube-Video oder entwarfen T-Shirts aus Anlass des Geburtstages. Einige von Goethes bedeutungsschweren Zitaten wurden künstlerisch gestaltet und auf Leinwände übertragen. Alle diese Materialien können für den Unterricht genutzt werden und sind ausgestellt im Atrium unserer Schule.
Dort trafen sich auch am 28. August alle am Projekt beteiligten Schüler, um ihre Ergebnisse zu präsentieren. Natürlich gab es eine Laudatio auf das Geburtstagskind, in der sein vielfältiges Wirken – Schriftsteller, Wissenschaftler, Künstler, Politiker … – gewürdigt wurde, verfasst und gehalten von Freya aus Klasse 10. Die berühmten Goethe-Balladen „Erlkönig“, „Der Zauberlehrling“ und „Der Totentanz“ wurden von den Siebtklässlern auf ganz verschiedene Weisen dargeboten. Da gab es zum Beispiel einen flotten Rap des „Erlkönig“ sowie ein Schattenspiel dazu, eine Pantomime zum „Zauberlehrling“ von Walt Disney, einen Vortrag mit Daumenkino, einen modernen „Zauberlehrling“ (hier gerät nicht der Besen, sondern der Staubsauger außer Kontrolle) und die Geschichte wurde als Interview und als Stand-up-Comedy erzählt. Der gruselige „Totentanz“ wurde von einigen als anschaulicher Comic gestaltet, so wie auch zum „Zauberlehrling“ einige Comics entstanden sind.
Die Schüler lauschten aufmerksam den Beiträgen der anderen und würdigten die Darbietungen mit wohlverdientem Beifall. Ob es dem alten Geheimrat gefallen hätte, wie da mit seinen Werken umgegangen wurde, wissen wir nicht und werden wir nicht erfahren. Aber die beteiligten Schüler hatten die Möglichkeit, einen ganz eigenen Zugang zum Meister zu finden. Und sie haben natürlich ganz in seinem Sinne gehandelt: „Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, ein vernünftiges Wort sprechen.“
Quelle: https://gutezitate.com/autor/johann-wolfgang-von-goethe